Abgasanlage

Die Abgasanlage beginnt am Kesselende und hat die Aufgabe die bei der Verbrennung entstehenden Abgase sicher an die Umgebung abzuleiten. Hierzu zählen die Abgasleitungen innerhalb und außerhalb des Kesselraumes, der Schornstein und vorhandene zusätzliche Einbauten wie Kompensatoren, Schalldämpfer oder Abgasklappen.

Alle Komponenten einer Feuerungs­anlage, beginnend beim Brenner mit dem zugehörigen Gebläse über den Kessel, Economiser, Abgasleitungen, Schalldämpfer bis hin zum Schornstein, müssen sorgfältig aufeinander abgestimmt sein. Nur dann ist in allen Betriebszuständen und auf Dauer ein einwandfreier Betrieb gewährleistet. Fehlende Abstimmung oder falsche Ausführung einzelner Komponenten führen im Gesamtsystem zu Vibrationen, Geräuschen, erhöhten Emissionen oder einer instabilen Verbrennung.

Abgasanlagen müssen entsprechend den nationalen und lokalen Vorschriften sowie einschlägigen Normen ausgelegt werden.

 
Information

Allgemeine Anforderungen an Abgasanlagen in und an Gebäuden sind in der DIN EN 1443 festgelegt. Die Ausführung der Abgasanlagen muss dem lokal geltenden Baurecht sowie der DIN V 18160 entsprechen.

Für freistehende Schornsteine gelten neben dem Baurecht die DIN 1056, die DIN 4133 und die DIN EN 13084-1.

Festlegungen zur strömungstechnischen Bemessung sind den Normen DIN EN 13384 für Abgasanlagen in und an Gebäuden bzw. DIN EN 13084-1 für freistehende Schornsteine zu entnehmen.

Abgaskanäle müssen aus nicht brennbaren Baustoffen bestehen und widerstandsfähig gegen Abgas- und Wärmeeinwirkung sein. Das Material der kompletten Abgasanlage für Dampfkessel muss für Temperaturen bis 350 °C geeignet sein. Ist der Kessel mit einem vierten Zug ausgestattet bzw. bei einem Abhitzekessel zur Abwärmenutzung von Abgasen aus einem BHKW bzw. einer Gasturbine, muss die Abgasanlage für die jeweils höchste Temperatur geeignet sein.

An die Auslegung des Abgassystems und die Höhe des Schornsteins werden oft zusätzliche länderspezifische Anforderungen gestellt. Daher werden hier nur die wichtigsten, funktionalen Planungsgrundsätze beschrieben.

Abgasleitung

Die Abgasleitung stellt die Verbindung zwischen Kesselende und dem Eintritt in den Kamin dar. Sie sollte möglichst direkt, strömungsgünstig und mit wenigen Bögen verlegt werden um den Druck- und Wärme­verlust klein zu halten. Reduzierungen oder auch Erweiterungen sollen nicht sprung­artig, sondern immer mit einem Übergangswinkel von maximal 30° erfolgen. Die Anbindung der Abgasleitung an den Schornstein sollte außerdem mit einem Anstich im Winkel von 30 ... 45° geschehen.

Anforderung

Ausführung

Konstante Feuerraumbedingungen

Auslegung auf +0/-1 mbar am Kesselende

Ein Schornsteinzug je Kessel empfohlen

Geringer Druckverlust

Kurz, wenig Bögen und strömungsgünstig

Geringer Wärmeverlust

Isolierung vorsehen

Kondensat ableiten

Kondensatentwässerungsstutzen und Neutralisation

Freien Durchgang gewährleisten

Besichtigungs- und Reinigungsöffnungen vorsehen

Emissions­messung

Emissions­messstutzen vorsehen

Reinigung und Besichtigung

Reinigungs- und Besichtigungsöffnungen an allen Umlenkungen vorsehen

Wärmedehnung ausgleichen

Kompensatoren vorsehen

Beständigkeit

Temperatur- (bis 350 °C), Kondensat-, Korrosionsbeständigkeit

Druckfestigkeit

Über- und Unterdruck

Gasdichte

Gasdichtheit nach EN 1856

Gefährdung durch Luftmangel

Abgas- und Zuluftklappen mit sicherheitsgerichtetem Endlagenschalter einbinden

Allgemeine Anforderungen an die Abgasleitungen

Dimensionierung

Die Abgasleitung mit allen Komponenten wie Abgasklappen, Kompensatoren und Schalldämpfern kann meistens in der gleichen Nennweite des Abgasanschlussstutzens am Kessel bis zum Kamin fortgeführt werden.

Bei der Auslegung sollte dabei eine Richt­geschwindigkeit von 16,5 m/s bezogen auf die Kesselaus­tritts­temperatur nicht überschritten werden. Da sich die Richt­geschwindigkeit auf den Betriebsvolumenstrom bezieht muss der meistens angegebene Abgasmassenstrom noch auf den Betriebsvolumenstrom um­gerechnet werden.

Für die Umrechnung kann das ideale Gasgesetz verwendet werden.

 
Berechnung

Umgestellte ideale Gasgleichung zur Berechnung der Betriebsdichte von Gasen

ρb

Betriebsdichte

ρn

Normdichte

Tb

Betriebs­temperatur [K]

Tn

Temperatur Normbedingung (273,15 K)

pb

Betriebsüberdruck [bar]

pn

Druck Normbedingung (1,01325 bar)

Beispiel Erdgas H:

λ = 1,15 Luftüberschuss

AG = 10 000 Abgasmassenstrom [kg/h]

pn,AG = 1,244 Normdichte Abgas [kg/m³n]

Tb = 250 / 523,15 Abgas­temperatur [°C]/[K], nach Kessel und vor Economiser

pb= pn = 1,01325 Umgebungsdruck [bar] (Abweichung von der Normbedingung wird vernachlässigt)

 
Berechnung

Beispielrechnung zur Ermittlung der Betriebsdichte des Abgases

ρb = kg mn³ 273,15 K K ⋅ 1 = 0,649 kg

Formel zur Berechnung der erforderlichen Nennweite der Abgasleitung

DN

Rohrnennweite

V·

Volumenstrom [kg/h]

Massenstrom [kg/s]

ρ

Dichte [kg/m³]

u

Richt­geschwindigkeit nach Tabelle [m/s]

Beispielrechnung zur Ermittlung der erforderlichen Nennweite der Abgasleitung

DN ≥
4 ⋅
V̇ (Volumenstrom [kg/h])
kgh
π ⋅
ρ (Dichte [kg/m³])
kgu (Richt­geschwindigkeit nach Tabelle [m/s])
ms
1 h 3 600 s ⋅ ( 1 000 mm 1 m
= 574 mm

→ Mindestnennweite DN 630

Vor allem bei geringen Kaminhöhen und langen Abgasleitungen kann die Zugberechnung des Kamin­herstellers auch eine größere Nennweite erfordern.

 

Abgasschalldämpfer

Abgasschalldämpfer haben die Aufgabe die Emission der Verbrennungsgeräusche zu reduzieren. Um die Wirksamkeit zu gewährleisten muss der Schalldämpfer auf die vom Brenner abgegebenen Frequenzen, die Kesselleistung und die vorgegebenen, zulässigen Geräuschemissionen ausgelegt werden.

A-bewertete Frequenzanalyse und entsprechender Summenschalldruckpegel in Abhängigkeit von der Kesselwärmeleistung

A-bewertete Frequenzanalyse und entsprechender Summenschall­druckpegel in Abhängigkeit von der Kesselwärmeleistung

Kessel­wärmeleistung

[kW]

≤ 600

≤ 1 350

≤ 2 500

≤ 5 000

≤ 10 000

≤ 15 000

> 15 000

Erwartungswert für den Summen­schalldruckpegel

[dB(A)]

75

81

85

87

94

100

107

Information

Die in der Abbildung oben (A-bewertete Frequenzanalyse und entsprechender Summenschall­druckpegel in Abhängigkeit von der Kesselwärmeleistung) dargestellten Werte sind nur Anhaltswerte, die sich auf einen einzelnen Kessel ohne Abgasschalldämpfer beziehen. Gemessen wurde an der Schornsteinmündung in 1 m Abstand unter einem Winkel von 45°.

Die bei der Verbrennung entstehende Schallentwicklung wird als Luftschall über die Oberfläche des Abgassystems abgestrahlt und tritt am Schornsteinkopf aus. Die Geräusche einer Kesselanlage enthalten überwiegend tieffrequente Geräuschanteile.

Diese Schallemission kann wirkungsvoll durch Abgasschalldämpfer vermindert werden. Um die vorge­schrie­benen Schallemissionswerte einzuhalten, muss zur Auslegung eines Abgasschalldämpfers das Frequenz­spektrum der Abgasgeräusche an der Schornsteinmündung der Kesselanlage berücksichtigt werden.

Das dargestellte Diagramm in der Abbildung (A-bewertete Frequenzanalyse und entsprechender Summenschall­druckpegel in Abhängigkeit von der Kesselwärmeleistung) stellt den durchschnittlichen Schall­druckpegel eines Kessels gemessen an der Kaminmündung ohne Abgasschalldämpfer im Abgassystem dar. Da das Verbrennungs­system (z. B. durch die Brennerkonstruktion oder durch das sich einstellende Strömungsprofil im Brenn­raum) und das Abgassystems (z. B. durch Anzahl der Bögen, Länge und Durchmesser der Abgasleitung) einen erheblichen Einfluss auf die sich einstellenden Werte haben, können hier nur Anhaltswerte für den Schall­druckpegel angegeben werden. Im Falle einer Mehrkessel­anlage müssen die Schallwerte aller Kessel addiert werden.

Bei der Planung der Abgasleitung muss beachtet werden, dass für die Reduzierung der Geräusch­emissionen je nach Anforderung eine erhebliche Schalldämpferlänge notwendig ist, die im oder außerhalb des Aufstellraums vor Eintritt in den Schornstein untergebracht werden muss.

Bei hohen Anforderungen an die Schallemission, z. B. im Krankenhausbereich, ist es aufgrund der Komplexität der Thematik zu empfehlen zur konkreten Auslegung eines Abgasschalldämpfers einen Schallgutachter heranzuziehen.

Schornstein

Der Schornstein hat die Aufgabe die Abgase und die darin enthaltenen Schadstoffe gefahrlos in die Um­gebung abzuleiten, so dass ein ungestörter Abtransport mit der freien Luftströmung und eine aus­­reichende Verdünnung der Schadstoffe sichergestellt sind. Er sollte sich in unmittelbarer Nähe des Kessel­­hauses befinden um lange Abgaskanäle zu vermeiden und die Ableitung der Abgase sollte senkrecht nach oben erfolgen. Eine Behinderung der freien Abströmung durch Krümmer oder Regen­schutzdächer ist nicht zulässig.

Schornsteinhöhe

Die mindestens erforderliche Höhe für den Schornstein ergibt sich aus den nationalen Anforderungen zur Reinhaltung der Luft.

In Deutschland ist dies in der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft) festgelegt. Hierzu wird unter anderem der Quotient aus dem Emissionsmassenstrom Q [kg/h] und dem Faktor S gem. Anhang 7 der TA-Luft für die Schornsteinhöhenbestimmung gebildet.

Luftverunreinigender Stoff

Faktor S

Kohlenmonoxid CO

7,5

Schwefeloxide (Schwefeldioxid SO2 und Schwefeltrioxid SO3), angegeben als Schwefeldioxid

0,14

Stickstoffoxide (NOx), angegeben als Stickstoffdioxid

0,1

Werte für S gem. Anhang 7 der TA-Luft

Q

Emissionsmassenstrom des emittierten luftverunreinigenden Stoffes aus der Emissionsquelle [kg/h]

S

Faktor für die Schornsteinhöhenbestimmung

Für Dampfkessel sind zur Schornsteinhöhenberechnung fast immer die Stickstoffoxide ausschlaggebend.

Liegt der Q/S-Wert > 10 [kg/h], so muss die Schornsteinhöhe mit dem Nomogramm gemäß TA-Luft 5.5.4 und 5.5.5 bestimmt werden. Bei geringen Emissionsmassenströmen mit einem Q/S-Wert < 10 [kg/h] ist es möglich die notwendige Mindesthöhe für den Schornstein vereinfacht nach der Richtlinie VDI 2280 oder VDI 3781 Blatt 4 zu ermitteln.

Für den Brennstoff Gas mit einem Grenzwert der NOx-Emissionen von 0,1 [g/Nm³] gemäß TA-Luft trifft dies bis zu einer Feuerungs­leistung von etwa 10 400 kW zu.

Für Brennstoff Heizöl mit einem Grenzwert der NOx-Emissionen von 0,17 [g/Nm³] für Kessel bis zu einem maximalen Betriebsüberdruck von 18 bar gemäß TA-Luft trifft dies bis zu einer Feuerungs­leistung von etwa 6 600 kW zu.

Die Schornsteinhöhe kann dann gemäß folgenden Regeln bestimmt werden:

  • Mindestens 10 m über dem Erdboden
  • Mindestens 3 m über dem First des Gebäudes
  • Für Flachdächer wird eine virtuelle Firsthöhe mit 20° Dachneigung an der Schmalseite des Gebäudes errechnet
  • Zur besseren Verteilung der Abgase ist eine Austritts­geschwindigkeit von mindestens 6 m/s senkrecht nach oben anzustreben
Mindestschornsteinhöhe nach TA-Luft für Feuerungen mit geringen Schadstoffemissionen, Giebeldach (links), Flachdach mit „virtuellem Giebel“ (rechts)

Mindestschornsteinhöhe nach TA-Luft für Feuerungen mit geringen Schadstoffemissionen, Giebeldach (links), Flachdach mit „virtuellem Giebel“ (rechts)

Für Flachdächer muss die sogenannte 20°-Regel herangezogen werden. Es wird die Dachhöhe mit einem virtuellen Dachfirst mit 20° Dachneigung für die Schmalseite des Gebäudes gebildet.

 
Berechnung

Gleichung zur Berechnung der erforderlichen Schornsteinhöhe

H20*

Minimal erforderliche Schornsteinhöhe [m]

hT

Traufhöhe [m]

hD

Dachhöhe (virtuelle Dachhöhe über die 20°-Regel) [m]

bS

Gebäudebreite (Schmalseite) [m]

Schornsteinquerschnitt und Kaminzug

Die Abgase im Schornstein haben eine höhere Temperatur als die Luft im Freien. Dadurch entsteht im Schornstein und in den ansteigenden Teilen der Abgasleitung eine Auftriebskraft, der sogenannte Kaminzug. Dieser unterstützt den Abtransport der Abgase und erzeugt im Schornstein und Teilen der Abgasleitung einen Unterdruck. Die Größe des Kaminzugs ist über die Dichte auch an den Temperatur­unterschied zur Umgebung gekoppelt.

Der Kaminquerschnitt muss dabei so groß gewählt werden, dass die Strömungswiderstände im Kamin ab dem Kesselende durch die Auftriebskräfte überwunden werden können. Andererseits sollte der Querschnitt nicht zu groß gewählt werden, damit die Austritts­geschwindigkeit der Abgase an der Kamin­mündung noch mindestens 6 m/s beträgt und keinen zu hohen Unterdruck am Kesselende, vor allem bei sehr hohen Kaminen, erzeugt.

Die Berechnung der Abgasleitung sollte in jedem Fall von einem Fachbetrieb für den Bau von Abgas­anlagen bzw. dem Kesselhersteller erfolgen.